Der Friederich, der Friederich…

Von Norbert Sommerfeldt

„Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!“

Dieser Satz, der der französischen Königin Marie Antoinette in den Mund gelegt wurde, ist von ihr niemals gesagt worden. Er ist aber zum Sinnbild für das Unverständnis gegenüber den sozialen Problemen von Menschen geworden.

Bei der Debatte zum Misstrauensantrag des Bundeskanzlers äußerte sich auch Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der CDU, der fast 70 jährige Spitzenpolitiker der christlichen Konservativen. Er lieferte einige Anmerkungen zur vorgeschlagenen Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel. Die Ersparnis beim Kauf von einem halben Pfund Butter würde lediglich 6 Cent betragen. Mit geradezu triumphalen Lächeln fügte er hinzu, dass bei der Senkung auch der Kauf von Froschschenkeln, Wachteleiern und Trüffeln eingeschlossen wäre.

Wie weit muss eine Person heute von einer Bevölkerung entfernt sein, um in der aktuellen sozialen Situation derartig zu witzeln. Menschen, die viele Jahre gearbeitet haben, sammeln Flaschen, um ihre Rente aufzubessern. Die Tafeln müssen die Lebensmittelabgabe reglementieren, weil sie den Andrang nicht mehr auffangen können.

Herr Merz sieht das natürlich nicht, er will jeden Versuch, das Steuersystem gerechter zu gestalten, als Angriff auf den deutschen Mittelstand verstanden wissen. Der Mittelstand, ist für ihn und seine Anhänger der Garant der Beschäftigung und das Rückgrat der Wirtschaft in unserem Lande. Ihm gilt damit jegliche Aufmerksamkeit und Zuwendung.

Steuerentlastungen für den Mittelstand und längere Arbeitszeiten, sowohl Lebensarbeitszeit als auch Wochenarbeitszeit für die Arbeitnehmer seien nachdenkenswerte und zielführende Maßnahmen, um die Wirtschaft aus der Krise zu befreien.

Das will er Menschen glaubhaft machen, die in den letzten 40 Jahren gearbeitet haben und sich nun schämen, staatliche Unterstützung anzunehmen, weil hohe Mieten und Lebensmittelpreise mit ihrer Rente nicht mehr zu bezahlen sind. Sie sollen also profitieren, wenn wir nur genug von unten nach oben umverteilen?

Dieses Merz-Patent kennen wir seit Jahrhunderten. Heinrich Zilles Karrikatur, in der der Chef seinem Arbeiter mitteilt: „Weniger Gehalt und mehr Arbeitszeit, weil dann ja schließlich weniger Zeit zum Geldausgeben ist“, ist hundert Jahre alt. Genutzt hat es weder den Arbeitern noch dem Mittelstand.

Übrigens: Im vorrevolutionären Frankreich waren Adel und Klerus steuerbefreit, sie waren das Rückgrat des Landes…

Ach ja, Friedrich. Der Butterpreis ist in den letzten vier Jahren um 68% gestiegen (und er steigt weiter). Sage jetzt bitte nicht: „Warum haben sie nicht in Butter investiert, anstatt sie zu essen?“

PS. Die Einkommen der Milchbauern sind keine 68% gestiegen